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Wie lassen sich Lebensmittel nach ihrem Verarbeitungsgrad einordnen?

In ihrer ersten Vorveröffentlichung zum 15. DGE-Ernährungsbericht gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) den Beitrag „Einordnung von Lebensmitteln nach dem Verarbeitungsgrad und Bewertung gängiger Klassifizierungssysteme in der Ernährungsforschung“ heraus. Er fasst den aktuellen Stand des Wissens über Klassifizierungssysteme für Lebensmittel auf Basis von Verarbeitungsgraden zusammen.

Der Anteil stark verarbeiteter Lebensmittel an der täglichen Energiezufuhr steigt weltweit. Gleichzeitig geht die körperliche Aktivität zurück und Übergewicht und ernährungsmitbedingte Krankheiten nehmen zu. Es wird vermutet, dass ein hoher Anteil an stark verarbeiteten Lebensmitteln ein Risikofaktor für Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes ist.

Evidenzbasierte Aussagen über den Einfluss des Verarbeitungsgrads von Lebensmitteln auf die Energie- und Nährstoffzufuhr, das Körpergewicht und damit auf die Gesundheit, sind bislang u. a. deswegen nicht möglich, weil einheitliche Klassifizierungssysteme für verarbeitete Lebensmittel fehlen.

Das Team aus Autorinnen aus dem Max Rubner-Institut und der DGE beschreibt im ersten Teil des Beitrags die Verarbeitungsverfahren und Anwendungsbereiche in der Lebensmittelherstellung sowie ihre Auswirkungen. Im zweiten Teil benennen die Wissenschaftler fünf häufig in Studien eingesetzte Systeme zur Klassifizierung von Lebensmitteln nach ihrem Verarbeitungsgrad und vergleichen diese abschließend.

Alle Mitglieder der DGE-Arbeitsgruppe „(Stark) verarbeitete Lebensmittel “, sind sich einig: Aktuell existiert noch kein wissenschaftlicher Konsens über einheitliche, objektive und eindeutige Kriterien für eine Beschreibung von Verarbeitungsgraden von Lebensmitteln. Die Autorinnen betonen, wie wichtig der Einsatz eines einheitlichen, robusten Klassifizierungssystems in zukünftigen Studien ist, um den Einfluss von verschiedenen möglichen Faktoren wie Energiedichte, Lebensmittelstruktur/-matrix, Prozesskontaminanten und Zusatzstoffe auf ernährungsmitbedingte Krankheiten aufzuklären.

Verarbeitungsverfahren und Rezeptur bestimmen ernährungsphysiologische Qualität verarbeiteter Lebensmittel

Lebensmittelverarbeitung meint im Allgemeinen alle Maßnahmen, die zu einer wesentlichen Veränderung des verarbeiteten Primärerzeugnisses führen. Die meisten der heute angewendeten Verarbeitungsverfahren verändern die native Mikrostruktur des Lebensmittelrohstoffes. Dabei kann die Verdaulichkeit und die Verfügbarkeit von Nährstoffen, Energie und sekundären Pflanzenstoffen verbessert und/oder ihr Gehalt verringert werden. Das kann sich entweder günstig oder ungünstig auf die ernährungsphysiologische Qualität des Lebensmittels auswirken. Gleiches trifft auf die Rezeptur, also die Art und Menge der verwendeten Zutaten, zu: Neben zugesetzten Mengen an Zucker sowie Fetten/Ölen, die sich auf die Energiedichte auswirken, beeinflussen auch der Salzgehalt sowie zugefügte Zusatzstoffe die ernährungsphysiologische Qualität der Lebensmittel.

Unterschiedliche Klassifizierungssysteme sind kaum vergleichbar

Um den Zusammenhang zwischen dem Verzehr stark verarbeiteter Lebensmittel und dem Risiko für ernährungsmitbedingte Erkrankungen zu bewerten, wurden u. a. die Klassifizierungssysteme IARC-EPIC, IFIC, UNC, NOVA und SIGA erarbeitet. Lebensmittel werden dabei in unterschiedliche Verarbeitungsgrade gruppiert und als (i) unverarbeitet, (ii) wenig verarbeitet, (iii) verarbeitet und (iv) stark verarbeitet bezeichnet. Alle berücksichtigen klassische Verarbeitungsziele wie Sicherheit, Lagerfähigkeit und sensorische Eigenschaften. Sie unterscheiden sich allerdings teilweise erheblich hinsichtlich der Kriterien zur Definition von Verarbeitungsgraden und folglich bei der Lebensmittelzuordnung. Die Ergebnisse von Ernährungsstudien sind dementsprechend vom jeweils angewendeten Klassifizierungssystem abhängig und nur eingeschränkt vergleichbar.

Auch nach einem Aufruf der FAO im Jahr 2015 zur Standardisierung konnten bis heute keine allgemeingültigen Ordnungskriterien vereinbart werden. Seit die FAO 2019 einen Report über das NOVA-Klassifizierungssystem herausgegeben hat, ohne dieses jedoch zu empfehlen, wird es in ernährungsepidemiologischen Studien häufig angewendet. Das SIGA-System – als Weiterentwicklung des NOVA-Systems – erlaubt die getrennte Erfassung des Einflusses von Verarbeitungsverfahren und Rezepturen auf die gesundheitliche Wirkung verarbeiteter Lebensmittel. Dadurch ermöglicht es beispielsweise die Höhe der Zuckermenge im Produkt als potenziellen Risikofaktor für ernährungsmitbedingte Erkrankungen zu bewerten.

Keines der bestehenden Klassifizierungssysteme ist in der aktuellen Fassung geeignet, um wichtige Verarbeitungsziele wie Ernährungssicherung, klima- und umweltgerechte Ressourcennutzung angemessen zu berücksichtigen. Das SIGA-System bietet grundsätzlich die Möglichkeit, diese neuen Verarbeitungsaspekte einzuordnen und macht es damit zukunftstauglich. Da es erst 2018 eingeführt wurde, liegen bislang noch keine Ernährungsstudien vor, die dieses System zur Einordnung der verwendeten Lebensmittel zugrunde legen, und eine Bewährung in der Praxis steht noch aus.

Bildquelle: DGE

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